Geboren mit dem Down-Syndrom

Geboren mit dem Down-Syndrom
Zum Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März erzählen Mütter die Geschichten ihrer Kinder

Am Donnerstag ist Welt-Down-Syndrom-Tag. Das Datum erinnert an den Fachbegriff Trisomie 21. Oft schon in der 
Schwangerschaft diagnostiziert, manchmal aber auch nicht erkannt, trifft das Syndrom bei 1 von 800 Geburten weltweit auf. So auch bei Lukas, Enno und Max. Drei Babys aus dem Weserbergland, deren Geschichten wir hier erzählen. 

Während Enno über die Matte robbt, lacht Lukas im Hintergrund herzlich. Max´ Augen schauen hinterher, er ist gerade aufs Fläschen, das ihm seine Mutter Susanne gibt, fixiert. Mit seinen fünf Monaten ist er einige Monate jünger als die beiden anderen Jungs. Dass sie sich dennoch regelmäßig treffen, hat einen Grund: Enno, Lukas und Max sind mit dem Down-Syndrom geboren, Trisomie 21 heißt es in der Fachsprache, sie haben das 21. Chronosom dreimal anstatt zweimal. Sind sie dadurch anders?
„Jedes Kind ist anders“, sagen ihre Mütter Steffie, Andrea und Susanne. Nicht nur Kinder mit Trisomie 21. 
„Sie sind pflegebedürftiger“, fasst Susanne es zusammen. Sie war schon Mutter von zwei Mädchen, als sie mit Max schwanger wurde. In der 14. Woche dann die Diagnose: Bei ihrem ungeborenen Kind besteht der Verdacht auf das Down-Syndrom. „Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht. Es trifft einen ja nicht selbst, meint man immer“, erzählt sie. Immer noch treiben neun von zehn Frauen bei der Diagnose ab, eine Spätabtreibung ist möglich-aber auch moralisch vertretbar? 
„Wie soll man zwischen Leben und Tod entscheiden?“, fragt sich Susanne. Eine enorm psychische Belastung, die Zeit läuft, sich Informationen zu holen, am besten bei betroffenen Familien, die man aber auch erst mal finden muss. 
„Ich wollte wissen: Was ist denn so schlimm daran? Und habe es mir angeschaut.“
Nach dem Besuch bei einer Familie, die ein Kind mit Down-Syndrom hat, stand fest: „Wir wollen Max bei uns haben.“ Denn die Entscheidung, die man treffe, begleite einen jeden Abend beim Zubettgehen. Statt mit Schuldgefühlen ins Bett zu gehen, bringt Susanne nun Max in Liebe und Dankbarkeit ins Bett.

Dass es sich um Trisomie 21 handelt, hat Andrea, die Mama von Lukas, und ihren Partner Jens eher noch erleichtert, denn am Anfang stand auch Trisomie 13 und 18 im Raum, wodurch Lukas nur eine sehr geringe bis keine Chance auf ein Leben gehabt hätte. Dass mit Lukas irgendwas nicht in Ordnung ist, erfahren Andrea und Jens schon früh in der Schwangerschaft. „Es standen am Anfang viele Diagnosen im Raum“, erzählt sie. 
Nicht alle traten am Ende ein. Schon in der Schwangerschaft wird Lukas im Bauch seiner Mutter aufgrund einer Megazystis in Mannheim an der Blase operiert. Das rettet ihm das Leben. Nach der Geburt hat er ein Nierenproblem, einen künstlichen Darmausgang und einen schweren Lungenhochdruck. Die Ärzte geben ihm kaum eine Chance. Doch Andrea und Jens tun dies. Und werden mit Lukas schon nach fünf Wochen aus der MHH entlassen. 

„Er möchte in dieses Leben rein“, sagt Andrea. Und auch, wenn Lukas zur Zeit noch über eine Nasensonde ernährt wird und weiterhin mit Einschränkungen leben muss, hat er sich trotz der vielen Diagnosen sehr gut entwickelt und ist ein fröhlicher und glücklicher kleiner Kerl. Das haben selbst die Ärzte bestätigt, die ihm damals, kurz nach der Geburt, keine Chance geben, Ihnen schickt Andrea regelmäßig Fotos von Lukas. 

Wie anders es laufen kann, hat Andreas Freundin Steffie erfahren, Als sie Enno zur Welt brachte, verlief alles normal. Bis am zweiten Lebenstag sein Herz nicht mehr so schlug, wie es sollte, die Eltern mit Kind in ein größeres Krankenhaus verlegt wurden. Da fiel zum ersten Mal das Wort „Down-Syndrom“. “ Das war erst  mal ein Schock, wir dachten ja, wir hätten ja ein kerngesundes Kind.“ 
Die ersten Tage in der neuen Klinik mit der daran bestätigten Diagnose waren schwierig“, erzählt Steffie. Und doch: “ Es ist egal, was uns gegeben wird, wir nehmen es an.“

Auch Enno wird über eine Nasensonde ernährt, ist im Vergleich zu anderen Kindern in seinem Alter vielleicht nicht so weit, aber wie die drei Mütter schon anfangs betonen: “ Jedes Kind ist anders.“ Und das merken sie auch in ihrer Krabbelgruppe: Mit mehr als einem Dutzend Mütter haben sie diese ins Leben gerufen, um von Holzminden bis nach Hameln ein Netzwerk zu schaffen und Familien zusammenzubringen, in denen Kinder mit Down-Syndrom leben.

Auch Schwangere, die für ihr Kind die Diagnose Trisomie 21 bekommen, sollen sich angesprochen fühlen. Informationen und Austausch sind dürftig, das wollen sie ändern, um zu zeigen: So sieht ein Leben mit dem Down-Syndrom aus.


Kontakt für Betroffene:

Die Krabbelgruppe für Kinder mit Down-Syndrom trifft sich einmal im Monat am Standort der Lebenshilfe Stadtoldendorf. Einen Stammtisch für Mütter, deren Kinder am Down-Syndrom leiden, wollen die Frauen erstmals im April in Hameln ins Leben rufen. Hier sollen sich auch Familien mit älteren Kindern angesprochen fühlen. Der Kontakt für beide Gruppen: 
Lebenshilfe Holzminden
Tel.: 05532-504720
Mail: zentrale@lebenshilfe-holzminden.de


Quelle: DEWEZET, 19.03.2024